Sozial, Sozialer, Sozialdarwinismus ?

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Charles Darwin (1809 – 1882) war der Begründer der Evolutionstheorie. Dieser Theorie zufolge haben nur die Individuen eine Überlebenschance, die sich ihrer Umwelt am besten anpassen. Die durch die Anpassungen erworbenen Vorteile werden an die nächste Generation weitergegeben. Der Darwinismus basiert auf Vererbung, Veränderung (Mutation) und Natürlicher Auslese (Selektion).

 

Aus dieser Theorie entstand dann später, durch den Anthropologen Edward Tylor, der Sozialdarwinismus, welcher im Grunde nur die faschistische Interpretation des Darwinismus darstellt. Das von Darwin in Bezug auf die Pflanzen- und Tierwelt formulierte Naturgesetz, bei dem es darum geht, dass in der Natur nur der Stärkere überlebt, wurde auf die Menschen und ihre sozialen Verhältnisse übertragen. Demzufolge waren die Menschen von Natur aus ungleich und es überlebten im gesellschaftlichen Konkurrenzkampf nur die Stärkeren. Man versuchte den Evolutionsprozess zu ’beschleunigen’ und eine “reine Herrenrasse“ zu bilden, in dem man alles was als schwach angesehen wurde eliminiert hat, damit auch nur “gute“ Gene weitergegeben werden konnten. Als Resultat dieser Theorie entstanden dann verschiedene Menschenbezeichnungen wie “wertlos“, “wertvoll“, “minderwertig“.

 

Einer der ersten Vertreter war Herbert Spencer. Er ging davon aus, dass menschliche Gesellschaften einem Entwicklungsprozess unterliegen, mit dem Ziel zu überleben. Dieses Ziel konnten jedoch nur die Stärksten erreichen. Aus diesem Grund entstand der Wunsch bei den Sozialdarwinisten, eine Höherentwicklung zu einer wertvolleren Lebensform zu finden.

 

Der Sozialdarwinismus, geprägt von seinem amoralischen und antisozialen Gedankengut, wurde zur Legitimation von vielen Morden, Unterdrückungen und Kriegen genutzt. So haben viele einflussreiche Menschen wie politische und religiöse Führer von verschiedenen Ideologien den Sozialdarwinismus für ihre eigenen Zwecke verwendet.

 

Auf gesellschaftlicher Ebene beispielsweise rechtfertigte man den Rassismus, Imperialismus und sogar den Genozid mithilfe des Sozialdarwinismus. Die Begründung hierfür ist in dem darwinistischen Gedankengut verankert: Die Vormachtstellung gehört der natürlich ausgewählten und Stärkeren ethnischen Gruppe. Einer der bekanntesten Beispiele hierfür ist die NS-Zeit. Ende des 19. und 20. Jahrhunderts wurden die Erkenntnisse der Evolutionstheorie von den Nationalsozialisten als Basis für ihre eigene Ideologie genommen. Viele Zoologen und Biologen zu dieser Zeit trugen dazu bei, dass diese Theorie in die Politik übertragen wurde. Die sozialdarwinistische Deutung, dass die Geschichte von einem Kampf zwischen den Rassen geprägt sei, wurde zur NS-Zeit so stark verinnerlicht, sodass sie zu einem zentralen Bestandteil wurde. In Deutschland sorgte der Zoologe Ernst Haeckel für diese Anpassung und räumte den Weg frei für den Sozialdarwinismus.

 

Von dieser Deutung abgeleitet entstand auch die Idee eugenische Maßnahmen zu ergreifen um seelisch Behinderte, Erbkranke und sogar Menschen wegen ihrer Herkunft zu töten, weil sie in ihrer Augen wertlos und minderwertig waren. Später wurden diese Morde systematisch durchgeführt, wie es bei der Ermordung der Juden der Fall war.

 

Anhand dieser Ereignisse kann man sehen, wie besessen man von dieser Theorie war, da sie die Menschen zu einem derartig inhumanen Verhalten verleitet hat, wodurch Millionen von Menschen den Tod fanden. Das Ziel dieser Morde war es, eine Rassenhygiene durchzuführen um eine “Herrenrasse“ zu erschaffen, dies bezeichnet man auch als Zwangssterilisation.

 

Die Idee über das Recht des Stärkeren führte in fast allen politischen Lagern zur Faszination, wodurch jedes Lager die eigenen Interessen und Ideologien als die einzig richtigen proklamierten.

 

Zu diesen politischen Lagern gehörte auch der Kommunismus. Laut R. Hofstadter entwickelte Karl Marx seine Aussage in Bezug auf den Klassenkampf, ableitend von Darwins Theorie. Es gab zudem auch viele Marxisten die sich auf Darwins Buch “The Origin of Species“ berufen haben.

 

Auf ökonomischer Ebene wurde der Sozialdarwinismus zur Rechtfertigung für den uneingeschränkten Kapitalismus benutzt. Auf dem Markt fand ein Kampf statt, bei dem es keine Regeln gab. Zudem wurde die Macht des Staates auf das Notwendigste eingeschränkt, sodass das Prinzip des Laissez-faire dominierte und ein Kampf um die Vorherrschaft ausbrach. Die Schwächeren wurden innerhalb des Markt-Kampfes zu ’Sklaven’. Es herrschte keine Existenzsicherheit.

 

Auch gab es viele Befürworter des Sozialdarwinismus seitens der Konservativen. Die bekanntesten Beispiele hierfür sind Benjamin Kidd und Henry Drummond. Kidd war der Auffassung, dass das Christentum, eines der wichtigsten Faktoren für den Erfolg der westlichen Gesellschaft sei und sah speziell die Englische als am höchstentwickeltesten.

Die religiös geprägten Sozialdarwinisten gewannen eine sehr hohe Popularität, da sie von religiös-konservativer Seite als Verteidigung des Glaubens gesehen wurden. Des Weiteren nutzten Konservative Strömungen den Sozialdarwinismus, um unerwünschte staatliche Eingriffe zu stoppen.

 

Heute sind immer noch sozialdarwinistische Grundzüge im sozialen Leben vorhanden und auch in der Politik sind sie immer noch präsent. Aus den letzten Jahren wäre Thilo Sarrazin hiefür ein geeignetes Beispiel.

 

Anhand der oben aufgezählten Beispiele sehen wir, dass der Sozialdarwinismus, mit all seinen falschen antisozialen Thesen nur Krieg, Gewallt und Hass gebracht hat und bringen wird.

 

Aufgrund einer falschen Annahme von Thomas Robert Malthus glaubten die Sozialdarwinisten, die Ressourcen der Erde würden nicht für die wachsende Weltbevölkerung ausreichen. Um dieser demografischen Entwicklung entgegen zu wirken und das Problem der Ressourcenknappheit zu beseitigen, konnte nach dem Sozialdarwinismus nur der Stärkste überleben und man musste so auf sozialer, ökonomischer, religiöser und politischer Ebene die Schwächeren selektieren, damit das eigene Leben gesichert werden konnte. Obwohl es keine wissenschaftlichen Daten oder anderen Beweise für diese Annahme gab, hielten die Sozialdarwinisten fest an dieser These, ohne diese zu hinterfragen.

 

Der Kerngedanke des Sozialdarwinismus, welcher auf Vererbung, Mutation etc. basiert ist leicht zu widerlegen und würde den Grundgedanken der Existenz einer “Herrenrasse“ beseitigen. So zeigen amerikanische Studien, dass zum Beispiel die Intelligenz eines Menschen nicht von der Herkunft oder den Genen abhängt, sondern dass das Umfeld, die Familie, die Erziehung entscheidende Faktoren für Intelligenz eines Menschen sind. Auch ist es interessant zu sehen, dass neueste Erkenntnisse in der Genforschung zeigen, dass ein Genom nicht stabil ist. Das heißt, dass das Erbgut von jedem sichnem Umbau und Wandel befindet.

 

Anhand der Geschehnisse in den letzten zwei Jahrhunderten kann man deutlich sehen, dass der Sozialdarwinismus nur Schaden angerichtet hat. Die Behauptung das es auf der Welt um ein Überleben des Stärkeren geht und damit verknüpfend die Schwächeren misshandelt werden dürfen hat gezeigt, dass das unterdrücken von sozialen Gefühlen für keinen von Nutzen ist.

 

Doch würden wie anstatt dieser Rivalitätsgefühlen mal versuchen gerecht zu sein, den Ärmeren und Schwächeren Menschen zu helfen, uns gegenseitig zu unterstützen und zu respektieren, dann würden wir ein friedliches Leben haben und keiner wäre unterdrückt. Dies ist politisch, sozial und religiös betrachtet die einfachste und die beste Lösung.

Doch um ehrlich zu sein, fällt es heute noch vielen Menschen sehr schwer.

Zum Schluss ein Vers aus dem Koran und ein Vers aus der Bibel zum Thema:

„Oh ihr Menschen, Wir haben euch aus Mann und Frau erschaffen und zu Völkern und Stämmen gemacht, auf dass ihr einander erkennen möget. Wahrlich, vor Gott ist von euch der Angesehenste, welcher der Gottesfürchtigste ist. Wahrlich, Gott ist allwissend, allkundig.“ (Koran 49:13)
„Denn vor Gott sind alle Menschen gleich.“ (Römer 2,11)

 

Hüseyin Tugrul

h.tugrul92@gmail.com