Warum hat der Prophet Muhammed mehrmals geheiratet?

Warum hat der Prophet Muhammed mehrmals geheiratet?

 

Die Ehe als Institution spielt in der Gesellschaft eine sehr wichtige Rolle und ist so alt wie der Mensch selbst. Es gibt sehr viele Beweggründe, weshalb Menschen heiraten. Darunter kann man die Fortführung der eigenen Generation oder die Befriedigung von eigenen Gelüsten aufzählen. Wenn man sich die vielfachen Ehen des Propheten Muhammeds näher betrachtet, so sieht man, dass seine Nachkommen durch seine Frau Chadidscha auf die Welt gekommen sind.

 

An dieser Stelle wird öfters der Vorwurf gemacht, der Prophet Muhammed hätte mehrere Frauen auf einmal geheiratet nur um die Gelüste seiner Triebseele zu befriedigen. Bevor wir auf die Gründe eingehen, weshalb der Gesandte Gottes so oft geheiratet hat und ob es wirklich über die Befriedigung der Gelüste gehandelt hat, muss man einige Vorbemerkungen machen.

 

Zum einen darf man nicht vergessen, dass zwischen ca. dem 15- 40 Lebensjahren die Leidenschaften der Triebseele entflammen. Dies kennzeichnet das Alter, in denen die Gelüste sehr stark im Vordergrund stehen. Zum anderen muss erwähnt werden, dass die Länge der Pubertätsphase abhängig ist von der geographischen Lage des Landes. So ist es eine Tatsache, dass Personen in wärmeren Gebieten wie Saudi Arabien schneller in die Pubertät gelangen und dem entsprechend auch früher diese Phase beenden, als zum Beispiel Personen in Europa.

 

Wenn wir das Leben des Gesandten Muhammeds mit dem Hintergrundwissen der oben erwähnten Fakten anschauen, so sehen wir, dass er zuerst mit seiner Frau Chadidscha geheiratet hat. Zu dieser Zeit war sie 40 und er 25 Jahre alt. Diese Ehe mit der zweifach verwitweten Chadidscha dauerte bis zu ihrem Tod. Nach einer 25 jährigen Ehe war der Prophet zu der Zeit als seine Frau starb 50 Jahre alt. Die nächste Ehe fand drei Jahre danach, mit der verwitweten Sevde, also im Alter von 53 statt.

 

Es ist interessant zu sehen, dass der Prophet Muhammed im jungen Alter, mit einer älteren Frau geheiratet hat, die auch zweifach verwitwet war und das seine nächste Heirat in einem Alter geschah, bei dem die Gelüste des Mannes schon längst nachlassen. Die vielfachen Ehen sind also zwischen dem 53. und 63. Lebensjahr zu Stande gekommen. Auch die anderen Ehen, abgesehen von der mit seiner Frau Aischa, waren Ehen mit Frauen, die schon sehr alt und zum Teil auch verwitwet waren.

 

Hier einige Beispiele: Zeynep b. Huzeyme, 60 jahre alt und verwitwet; Ümmü Seleme, 65 Jahre alt, verwitwet und vier Kinder; Ümmü Habibe, 55 Jahre alt und verwitwet; Meymune, zwei Kinder und verwitwet.

„Er hatte nach dem 40.Lebensjahr mehrere Frauen, in einer Zeit also, in der die körperliche Begierde nachlässt und sich die Leidenschaften beruhigen; und dieses Zeugnis beweist klar und deutlich – selbst denen, die nur halbwegs gerecht sind- dass diese Ehen nicht dazu dienten, die fleischlichen Gelüste zu befriedigen“ (Bediuzzaman said Nursi, Die Briefe, Istanbul 2004, S. 61).

 

Der Prophet Muhammed war es, der das Angebot auf Frauen, Geld und Ruhm der Götzenanbeter ablehnte, die von ihm verlangten, nicht weiter zu predigen. Weshalb hatte er denn damals das Angebot nicht angenommen, wenn er doch seinen Gelüsten unterlegen war?

 

Kurz gefasst, die Ehen des Propheten basieren keinerlei auf die Befriedigung seiner Gelüste. Ihnen lagen tiefergehende Absichten zugrunde. Doch was waren denn die Gründe?

 

Wenn man die Ehen des Propheten betrachtet, sieht man, dass er öfters verwitwete Frauen geheiratet hat, dessen Männer zum Beispiel in einem Krieg gefallen waren. Um diese Frauen zu schützen, ging er mit ihnen in den Bund der Ehe ein. Die Heirat bot somit soziale Sicherheit für die Frau.

 

Ein weiterer Grund ist die Verkündigung der Botschaft Gottes an die anderen Stämme, was wiederum die Hauptaufgabe des Propheten darstellt. So heiratete der Gesandte Gottes zum Beispiel eine seiner Frauen aus einem Stamm, die viele Muslime umgebracht hatten und die Muslime als Feinde ansahen. Mit den verwandtschaftlichen Bindungen konnte die Botschaft Gottes auch diesen Stämmen überbracht und die Religion grundlegend in der Gesellschaft etabliert werden.

 

Noch wichtiger ist, dass die Botschaft Gottes, und insbesondere intime Themen der Religion auch den Frauen überbracht wurden. Für diese Aufgabe waren Frauen mit verschiedenen Fähigkeiten notwendig. Wenn man dem ergänzend betrachtet, dass etwa die Hälfte der Religion durch die Frauen des Propheten überliefert wurde, so kann man erkennen, wie wichtig es für die Verbreitung der Religion war, dass der Prophet mehrere Frauen geheiratet hat, die als „Schüler“ von ihm lernten, um diese dann, den Muslimen und insbesondere den Frauen zu überliefern. „So wie die Gefährten die äußeren, öffentlichen Dinge überlieferten, so waren es seine reinen Frauen, die als Übermittlerinnen und als Erzählerinnen der Geheimnisse der Religion und der Bestimmungen der Scharia dienten, indem sie die im privaten Haus verborgenen Verhältnisse sichtbar machten“ (Bediuzzaman said Nursi, Die Briefe, Istanbul 2004, S.62). Seine Frau Aischa zum Beispiel überlieferte unter den Frauen am meisten Hadithe des Propheten, wodurch sie unter den Überlieferern (ravi) an vierter Stelle steht.

 

Wenn man zudem noch bedenkt, das vielfache Eheschließungen zu der Zeit normal waren und das der Prophet auf Grund der oben genannten Gründe mehrmals geheiratet hat, und nicht auf Grund der Gelüste seiner Triebseele, so wird klar, dass diese Ehen aus sozialer und religiöser Sicht nachvollziehbar sind.

 

Hüseyin Tuğrul

h.tugrul92@gmail.com

Publiziert in der Ayasofya 47, 2014

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