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Viele Philosophen verderben den Brei – Ayasofya Zeitschrift – Die Zeitschrift für Wissenschaft, Integration und Religion

Viele Philosophen verderben den Brei

Viele Philosophen verderben den Brei

„Cogito ergo sum“ – (Ich denke, also bin ich) sagte einst René Descartes. Und was ist mit denen, die nicht denken? Sind die nicht? Natürlich sind die auch.
Fragen wir uns erst einmal, wieso wir eigentlich sind; und warum? So weit wir „zurückdenken“ können hat es Philosophen gegeben. Die Philosophen haben sich stets mit den grundlegenden Fragen der Menschheit auseinandergesetzt. Woher komme ich und wohin gehe ich? Zum Beispiel am Samstag Abend? Und was für einen Sinn hat das ganze? Wenn zwei Liter Milch zwei Tage lang halten, wie lange halten dann vier Liter Milch? Usw.
Was wären wir ohne unsere Philosophen? Wer könnte uns die Welt noch komplexer erklären, als diese ohnehin schon ist? Wer könnte ohne intellektuell zu sein, so intellektuell tun und sich hinter den Wortschöpfungen und Äquivokationen verstecken? Hätten wir sonst eine Wissenschaft, die einen Synkretismus zwischen Selbstmitleid und Arroganz dermaßen gut verbindet; und die Tragik des Banalen, die nur der, der nicht der Alltagsbanalität unterlegen ist, zu verstehen vermag? Wer könnte sonst in den Genuss kommen „Heureka“ zu rufen? Archimedes schrie es lauthals aus sich heraus, als er herausfand, dass alles im Gleichgewicht ist, der Mensch nicht implizit, Indeterminismus… Der Mensch selber bringt alles aus dem Gleichgewicht, nicht wahr? Das scheinbare Chaos im Menschen immanent oder doch nur erdacht? Wenn es die Philosophen nicht gäbe, wer hätte es sonst erdacht? Dem denkenden Menschen vorbehalten. ‚Idem per idem‘, im Zirkelschluss des Pessimismus verfangen und doch ein bekennender Optimist. Erkenntnisresistente die nach der Erkenntnis suchen oder doch nur eine Wahrheit wollen und dafür mehrere Realitäten konstruieren? Kausale Fehlerketten und eine Synergetik der falschen Zutaten?
Wie auch immer, das Motto sollte lauten: Man entscheide sich im Zweifelsfalle stets für das richtige.

Philosophen haben ja für viele neue Erkenntnisse gesorgt. Während bei Flut der Depp weglief und sein Leben rettete, stand der Denker noch da und grübelte über das steigende Wasser nach. Bis ihm das Wasser bis zum Halse stand und der Depp ihm vom Hügel herab aufmunternd zurief: „Lass den Kopf nicht hängen!“. Ironie der anatomischen Gestalt des Denkenden.

Philosophen hatten es nie leicht im Leben. Der Mensch: Auf der einen Seite die pure Kraft, auf der anderen Seite die Sinnlichkeit. Die einen sollten es schwerer haben, darum „Schwerkraft“, und die anderen sollten durch ihre Sinnlichkeit leichter haben, darum „Leichtsinn“. Während die Schwerkraft einen bodenständigen auf dem Boden der Realität festhielt, waren die Denker dem Leichtsinn erlegen. Die Leichtsinnigen hatten es im Grunde schwerer, oder? Nicht wirklich. Nur anscheinend. Es wirkt nur so, weil die Philosophen Pessimisten sind. In einer Umfrage unter Philosophen haben 99% der Befragten mit „Nein“ geantwortet, ohne das man ihnen die Frage vorgelesen hatte. Haben sie sich schon einmal gefragt, warum Philosophen so oft depressiv waren? Ich erkläre es mal an einem Beispiel. In der Bevölkerungsstatistik schätzte man die Nettoreproduktionsrate auf Durchschnittlich 1,4 Kinder pro Frau. Das hieße, wir würden langsam aber sicher aussterben. Nun haben neue Berechnungen ergeben, dass diese Rate bei 1,6 Kindern pro Frau liegt und nicht bei 1,4. Während der Politiker sich freut, sieht der Philosoph darin ein schlimmeres Unheil auf die Gesellschaft zukommen, nach dem Motto: „Wir sterben nun länger aus als zuvor geschätzt.“
Apropos sterben. Warum ist die Selbstmordrate bei den Philosophen eigentlich so hoch? Hat nicht ein Philosoph einmal behauptet, dass die wahre Lebenskunst darin besteht, im Alltäglichen das Wunderbare zu sehen? Sehen die Philosophen etwa nicht das Wunderbare? Albert Einstein sagte einmal: „Kein Problem kann durch dasselbe Bewusstsein gelöst werden, das es geschaffen hat!” Wieso ist dann Selbstmord ein Ausweg zum scheinbaren Nichts, wo doch das Sein in der Frage nach dem Sein und Nichtsein die Philosophen so sehr beschäftigt? Oder anders gefragt: „Kann der Philosoph die Philosophie abschaffen, indem er sich selbst tötet?“ Gäbe es Beliebtheitsnoten auf Grabsteinen, würden viele Philosophen von ihren Zeitgenossen eine Fünf Minus bekommen. Erst nach ihrem Tode erlangen viele Philosophen Anerkennung. Vielleicht deswegen die Suizide? Oder kamen sich die Philosophen unnütz vor und begingen deswegen Selbstmord? Obwohl, es heißt doch, dass niemand unnütz ist, denn man kann immer noch als schlechtes Beispiel dienen.

Da fragt man sich schon manchmal, wozu die Philosophie gut sein soll und worin der (praktische) Nutzen liegt. Nicht selten waren die Philosophen arm, nagten am Hungertuch und die Philosophie wurde als brotlose Kunst bezeichnet.

 

PHILOSOPHEN BEIM ESSEN
Apropos am Hungertuch nagen. Was halten Sie davon, wenn wir uns zu den Philosophen zum Essen bei gesellen? Der Tisch ist gedeckt, jemand muss das Essen anrichten:

Aristoteles: Wer kocht?
Da Vinci: „Ich und Galilei. Wir sind Universalgenies und können daher auch kochen!“
Galilei: „Leonardo, Du rührst den Brei um, die Drehbewegung könnte mich den Kopf kosten. Ich kümmere mich um die Hühner und die Eier!“
Sokrates: „Gut, ihr beiden kocht und wir setzen uns erst einmal hin. Alles der Reihe nach, schließlich hat alles seine Ordnung und benehmt euch tugendhaft!“
Pythagoras misst indes die Größe des Tisches.
Laotse: „Warum muss der Mensch eigentlich essen?“
Nihilist: „Ich sehe keinen erfassbaren Sinn darin!“
Kant: „Die reine Vernunft sagt mir, iss!“
Averroês (Ibn Rushd): „Iss! Das sagte meine Mutter auch immer!“
Pestalozzi: „Speist die armen, also auch die Philosophen!“
Descartes: „Rational gedacht, ich esse um zu Sein. Frei nach dem Motto: Ich esse, also bin ich.“
Karl Jaspers: „Rede nicht in Chiffren. Esse das Huhn und sichere Deine Existenz. Oder was meinst Du Diogenes?“
Diogenes: „Ach, geh mir einfach aus der Sonne!“
Avicenna: „Das Essen dient neben dem körperlichen Heil auch unserem seelischen Heil!“
Hegel: „Ganz richtig. Es geht um den Geist! Und als Romantiker bestehe ich auf ein Candlelight Dinner!“
Farabi: „Vorausgesetzt das Huhn ist halal. Was sagst Du Epikur?“
Epikur: „Nach meiner Lehre vom persönlichen Glück, reicht es, wenn ich etwas im Bauch habe! Ist es nicht so, Herr Wittgenstein?“
Wittgenstein: „Die Welt besteht aus Tatsachen, die durch andere Tatsachen abgebildet werden. Da ist das Huhn und mein Magen knurrt.“
Laotse: „Ich mag kein Huhn, sondern würde gerne Ente essen!“
Ferdinand Tönnies: „Ich wusste es schon immer. Die Gesellschaft ist eine Zweckorganisation von Egoismus und Profitsucht!“
Voltaire: „Ich würde gerne Frosch essen. Ich setze mich dafür ein, dass jeder das zu essen bekommt, was er will, auch wenn ich es selber nicht essen würde, was der andere will! Was meinen Sie Herr Nietzsche?“
Nietzsche sitzt im Schatten der Götzendämmerung und isst heimlich die Götterspeise, die zum Nachtisch gedacht war.
Leibniz hat indes der Hunger gepackt. Er holt seine Kekse heraus.
Konfuzius: „Wenn der Leibniz seine Kekse isst, dann bestelle ich mir etwas von Chinesen!“
Carl Gustav Jung, der Schweitzer, will dafür Schokoli zum Nachtisch.
Albert Schweitzer: „Gut, das ich kein Schweizer bin, sondern nur so heiße!“
Solowjew, der Idealist, ruft aus der anderen Ecke: „Ideal wäre Wodka nebst Huhn!“
Karl Marx hat einen Einwand: „Nichts da, jeder bekommt das gleiche. Selbst ich bekomme das gleiche, aber doppelt!“
Humboldt: „So geht das nicht, Herr Marx. Wir müssen liberal und human sein und jedem individuellen Geschmack gerecht werden.“
Luther: „Ganz richtig, Herr Humboldt, keine Autorität kann mir die Entscheidung abnehmen.”
Al Ghazzali: „Egal was wir essen, es sollte halal sein und wir müssen mäßig essen, denn Völlerei schwächt den Körper und die Seele, nicht wahr Herr Ghandi?“
Gandhi: „Ich faste!“
Geschichtsphilosoph Oswald Spengler: „Pekingente, Fasten… Das ist der Untergang des Abendlandes!“
Schopenhauer, der Philosoph der schlechten Laune: „Das ‚Leben ist Leiden‘, Herr Spengler. Also leiden sie mit uns!“
Aristoteles: „Liegt der Geschmack denn überhaupt allein im Objekt?“
Und während Platon sich Gedanken darüber macht: „Was soll ich zuerst essen, das Huhn oder das Ei?“ sind unsere Universalgenies Da Vinci und Galilei beim Kochen abgelenkt worden und der Brei brennt leicht an.
Archimedes: „Heureka, es riecht verbrannt! Jetzt habt ihr so viel philosophiert und dabei den Brei und die Hühner vergessen!“
Lessing: “Kritik ist die Grundlage der Erkenntnis. Viele Philosophen verderben den Brei.”
____
ENDE

 

 

Cemil Y?ld?r?m
cemilyildirim@hotmail.com

Publiziert in der Ayasofya 37, 2011

 

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