DIE ERSTE PROBE DES MENSCHEN: SEINE SPEISE

DIE ERSTE PROBE DES MENSCHEN: SEINE SPEISE

Es ist eine Obliegenheit, von der nicht nur wir Menschen,
sondern alle Lebewesen betroffen sind. Die ersten Menschen,
Adam (as) und seine Frau Havva (as), wurden mit einer kleinen
Eingrenzung an all den Speisen aus dem Paradies auf die
Probe gestellt. Nur von einer Frucht durften sie nicht essen.
Alles war ihnen also erlaubt (halal), und nur Weniges verboten
(haram). Dies lässt sich auf die islamischen Speisevorschriften
im Allgemeinen übertragen, wenn man sich die Vielzahl an
verschiedensten und vielfältigen Lebensmitteln vor Augen
hält, die halal bzw. haram sind. Hier gilt: Was nicht haram ist,
das ist grundsätzlich halal. Selbst Tiere ernähren sich nur von
ihnen zugeordneten Nahrungen und Pflanzen nehmen ausschließlich
gezielte Stoffe aus der Erde auf. So ist es auch dem
Menschen auferlegt, sich an bestimmte Speisevorschriften zu
halten, um sowohl seiner Religion in bester Weise zu leben,
um seine Gesundheit nicht zu gefährden.
Islamische Speiserichtlinien
Das Wort “halal” kommt aus dem Arabischen und bedeutet
“rein” oder “erlaubt”. Muslime dürfen alles, was halal
und gut (tayyib) ist, zu sich nehmen. So ist es beispielsweise

wichtig, dass nicht nur nach islamischen Richtlinien geschächtet
werden, sondern müssen die Tiere vorher und dabei so
gut wie möglich behandelt werden. In fünf Koranversen wird
zum Verzehr von Halal- und Tayyib-Speisen aufgerufen (in
insgesamt 21 Versen kommt das Gebot von Tayyib-Speisen
vor). In einem Vers heißt es: “O ihr Gesandten, esst von den
reinen (halal und tayyib) Dingen und tut Gutes. Wahrlich,
ich weiß recht wohl, was ihr tut.” (Sure Nahl, 16:114). Der
Begriff „Halal“ bezieht sich jedoch nicht nur auf Lebensmittel,
sondern auf alle Bereiche der islamischen Lebensweise.
Im Gegensatz dazu steht der Begriff “Haram”, welcher
übersetzt “verboten” heißt und ebenfalls alle Speisen und
Handlungen umfasst, von denen sich Muslime fernhalten
müssen. Lebensmittel, die haram sind, darf man nur dann
essen, wenn man sich in einer lebensnotwendigen Situation
befindet und sonst verhungern würde. In der Sure Bakara
werden die Speiseregeln folgendermaßen beschrieben: “O
ihr, die ihr glaubt, esset von den guten Dingen, die Wir
euch bereitet haben, und seid Allah dankbar, wenn ihr
Ihm allein dient. Verboten hat Er euch nur (den Genuss
von) natürlich Verendetem, Blut, Schweinefleisch und

dem, worüber etwas anderes als Allah angerufen worden
ist. Wenn aber jemand (dazu) gezwungen ist, ohne (es)
zu begehren und ohne das Maß zu überschreiten, so
trifft ihn keine Schuld; wahrlich, Allah ist Allverzeihend,
Barmherzig.” (Sure Bakara, 2:172-173) In einem weiteren
Vers heißt es: “O die ihr glaubt, berauschender Trank,
Glücksspiel, Opfersteine und Lospfeile sind nur ein
Greuel vom Werk des Satans. So meidet ihn, auf dass es
euch wohl ergehen möge.” (Sure Mâida, 5:90)
Die Wirkung von Halal-Speisen
Wenn man jemanden auf einen bedenklichen Zusatsstoff
in einem Produkt aufmerksam macht, dann bekommt man
oft die Antwort “ich habe es bis jetzt konsumiert und mir
ist nichts zugestoßen” zu hören. Was ist damit gemeint?
Befürchtet man eine Strafe Allahs, welche in dem Moment
eintreffen müsste? Erwartet man einen Blitzschlag, von dem
man getroffen werden müsste, sobald eine Sünde begangen
wird? Diese Annahme ist wohl offen gesagt fehl am Platz. Es
ist schlicht weg eine Ausrede, die nicht realistisch ist. So banal
das Sprichwort “Du bist, was du isst” auch klingen mag,
eine gewisse Tatsache beinhaltet die Botschaft schon. “Den
stärksten Einfluss auf die Änderung des Körpers und
des Charakters stellt die Speise dar” stellte der islamische
Gelehrte Sch?h Wal?yull?h ad-Dihlaw? schon im frühen 18.
Jahrhundert fest.
Von der Speise zum Gottesdienst
Im Qur’an wird auf die enge Verbindung zwischen der
Ernährung, welche die Eigenschaften halal und tayyib
aufweisen, und den rechtschaffenen Handlungen, welche
im Kern Gutes beinhalten (Amal as-Salih), hingewiesen: “O
ihr Gesandten, esset von den reinen Dingen und tut
Gutes. Wahrlich, Ich weiß recht wohl, was ihr tut.” (Sure
Al-Mu’minûn 23:51). Koranexegeten weisen hier ausdrücklich
daraufhin, dass gute Taten auf der halal- und tayyib-Ernährung
aufbauen und in diesem Kontext eine wichtige Rolle
spielen.
Weiterhin werden in zahlreichen Überlieferungen des
Propheten Muhammad (s) die Wichtigkeit der reinen Speise
betont, damit die Gebete und Gottesdienste angenommen
werden: “Stellt euch einen Mann vor, der eine lange
Reise macht. Seine Kleidung ist beschmutzt, er ist voller
Dreck. In solch einem Zustand erhebt er seine Hand
und betet ´Oh Allah, Oh Allah´. Doch was er isst, trinkt
und an Kleidung trägt ist Haram. Er hat sich immer vom
Verbotenen ernährt. Kann das Gebet (dua) einer solchen
Person angenommen werden?” (Muslim, Zakat 65).
Weiterhin sagte der Prophet (s), dass die Gebete einer Person,

die sich von einer haram Speise ernährt, vierzig Tage nicht
angenommen werden. Er stellt klar, dass das Feuer demjenigen
näher ist, dessen Körper sich durch Verbotenes ernährt
(Suyuti, Câmiul-ehâdis, XX, 55).
Der persische Gelehrte Yahya ibn Mu’adh al-Razi verglich das
Halal-Essen mit einem Schlüssel: “Sich Allah hinzugeben
ist wie ein Schatz. Der Schlüssel dieses Schatzes ist das
Bittgebet und die Zähne des Schlüssels sind Halal-Essen.”
Auf der Suche nach Halal-Konformer Speise
“Es wird eine Ära geben, in der der Mensch keinerlei
Belang dafür zeigen wird, ob das Gekaufte halal oder
haram ist” heißt es in einer Überlieferung des Propheten
(s) (Buhari, Buyû 7). Basierend auf diversen Koranversen und
Hadithen stufen muslimische Gelehrte die Nachfrage nach
halalkonformer Speise als farz al-ayn ein, sprich jeder Muslim
muss dieser Pflicht persönlich nachkommen (Schirbini, el-Ikna’,
II; 576).
Da zugegebenermaßen die gegenwärtige
Lebensmittelbranche sehr komplex und intransparent ist und
sich das Konsumverhalten der Menschen stark verändert hat,
lässt sich eine umfangreichere Recherche meist nicht vermeiden.
Jedoch sollten diese Verhältnisse niemals abschreckend
wirken. Der Prophet Muhammad (s) soll gesagt haben, dass
die Suche nach Halal-Speisen eine Form des Dschihads ist,
also eine Anstrengung, um den Islam besser zu leben. (al-Kudâî,
Musnad, 1, 83)
Muslimische Verbraucher sollten stets das Leben des
Propheten (s) vor Augen halten, denn durch seine vorbildliche,
minimalistische und ausgeglichene Ernährung können
auch wir eine bewusste Lebensform anstreben, um unseren
Körper nicht mit zahllosen Fertigprodukten und Fleischwaren
von möglicherweise misshandelten Tieren zu belasten.
“Der Sohn Adams füllt nicht etwas, was schlimmer ist
als sein Magen. Es ist für den Sohn Adams ausreichend
eine Hand voll zu essen, so dass er gehen kann. Wenn
er es jedoch tun muss (seinen Magen füllen), dann sollte
er ein Drittel mit Essen, ein Drittel mit Trinken und ein
Drittel mit Luft füllen.” (Tirmidhi, Zühd 47), empfiehlt der
Prophet Muhammad (s).

 

Dilara Faslak

Ayasofya Nr. 58