Das immerwährende Gebet der gesamten Schöpfung

Das immerwährende Gebet der gesamten Schöpfung

(Dieser Aufsatz belegte beim Ayasofya-Aufsatz-Wettbewerb den 3. Platz)

„Wer das erste Knopfloch verfehlt, kommt mit dem Zuknöpfen nicht zu Rande“ pflegte der Dichter Johann Wolfgang von Goethe einst zu sagen. Es sollte uns demonstrieren, dass der Anfang aller Taten die wichtigste und entscheidendste ist. Denn wer am Anfang falsch beginnt, wird nicht zum Ende kommen oder ist zum Scheitern verurteilt.

Diese Weisheit ist den Muslimen bekannt, denn sie kennen den Hadith des Propheten Muḥammad (saw): „Alle Taten die ohne „bismiʾllāhiʾr-raḥmāniʾr-raḥīm” beginnen, haben keinen Segen, werden nicht fortsetzten und sind wurzellos” (Musnad 2/259). Es ist unmöglich ein Werk oder eine Handlung, ohne den Namen Gottes zu erwähnen, makellos zu vollenden, sie wird Lücken aufweisen, brüchig und schlecht sein. Weil Bismiʾllāh “der Anbeginn alles Guten (ist)” (Nursi, 1. Wort). So definierte Said Nursi die Glaubensformel der Muslime. Für ihn ist die Basmala ein gesegnete(s) Wort ein Zeichen des Islam (…), so ist es unausgesprochen auch ein immerwährendes Gebet der gesamten Schöpfung.

Die Basmala ist nicht einfach eine Formel oder Redewendung, die in unseren Mündern sich immer wiederholen sollte, ganz im Gegenteil, sie spiegelt unsere Absichten wider. Die Absicht zuzugeben, dass man als Mensch unvollkommen, bedürftig und unfähig ist; mit Seinem Namen anfangend sich vervollkommnet, mündig und fähig wird.

Ohne Seinen Segen werden unsere Taten keine Früchte geben, ja sogar wurzellos sein, mit seinem Segen jedoch werden sie blühen wie auf einem kahlen Baum, als würde nach einem starken Winter sich der Frühling ankündigen.

Es ist also so, dass wir mit Bismiʾllāh beginnen sollen, welches wir auch bis zu unseren “seidenweichen Wurzeln und Adern“ (Nursi, 1. Wort) fühlen müssen, genauso wie die Bäume und Pflanzen. Unsere Taten sollen harte Steine und feste Erde durchdringen, sie sollen „Im Namen Allahs, des Allerbarmers und Barmherzigen“ sprechen und alle Dinge sollen sich den Taten unterwerfen. Unsere Taten sollen ihre Äste in die Luft ausbreiten und Früchte geben und unsere Wurzeln sollen den harten Stein mit Leichtigkeit durchdringen (Nursi, 1. Wort).

Wenn man dann mit voller Absicht Bismiʾllāh sagt und mit Gottes Segen handelt, dann ist es sogar unumgänglich, dass man im “Dunklen Zeitalter” der Welt, so wie die Europäer es bezeichneten, einen riesen Aufschwung und Fortschritt hinsichtlich der Technik und Wissenschaft in der islamischen Welt verzeichnet. In einem Zeitalter, wo Elend und Unkenntnis sich verbreitete, sahen die Europäer die Muslime als Zauberer, weil sie sahen, dass sie all ihre Taten mit der Basmala begannen und immer in jeglicher Hinsicht fortschrittlicher wurden. Weil sie die Basmala nicht aussprechen konnten, verwandelten sie es vom Hörensagen zu “Simsalabim”, was für sie sogar noch zu unserer Zeit als Zauberspruch gilt. Denn für die Nichtmuslime hatten die Muslime anhand des “Zauberspruchs” Bismiʾllāh große Forschungen betrieben und sind zu bedeutenden Erkenntnissen gekommen.

Als unser Prophet nach Tā’if gegangen ist, um den Islam zu predigen und die Menschen zum Islam einlud, stieß er leider auf bösartige Menschen, die nicht nur seine Einladung ablehnten, sondern auch ihn steinigten. Als dann unser Prophet sich zum Ausruhen hinsetzte, brachte aus Mitleid der Sklave Addas ihm Trauben zum Essen. Bevor Muḥammad (saw) anfing zu essen sagt er: „Bismiʾllāh”. Daraufhin fragte Addas ihn (saw) woher er das wisse, denn niemand hier in der Stadt kenne die Basmala. Der Prophet Muḥammad (saw) fragte daraufhin aus welcher Stadt Addas kommt.

Addas sagte: „Aus der Stadt Ninive.“

Muḥammad (saw): „Das ist die Stadt meines Bruders Jonas.“

„Woher kennst du denn Jonas?“

„Er ist mein Bruder, er war ein Prophet, so wie ich es bin.“

Addas war von dem Prophetentum Muḥammads (saw) überzeugt und sprach die šahāda aus.  Nachdem unser Prophet (saw) so viel Leid erdulden musste, wurde er mit der šahāda von Addas sehr glücklich. Denn die Basmala, das immerwährende Gebet der gesamten Schöpfung, war der Grund für die Konversion eines Menschen.

Aristoteles sagte einst: „Der Anfang ist die Hälfte des Ganzen“, in Bezug auf die Basmala ist der Anfang jedoch das Ganze.

Esma Demir

Publiziert in Ayasofya Nr. 63

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