Mohammed – der Prophet des Einen, Erhabenen

Mohammed – der Prophet des Einen, Erhabenen

Wolf D. Ahmed Aries

Durch die Papstrede in Regensburg waren die Muslime unversehend in eine Diskussion über den Propheten Mohammed geraten, auf die sie in keinerlei Weise vorbereitet waren. Aus der Vergangenheit der politischen und religiösen Auseinandersetzungen mit den Franken, den Kolonialverwaltungen, dem Westen und den verschiedensten Missionaren kannte man allerlei Gehässigkeiten bzw. Unterstellungen, die zum Teil einfach nur abstrus waren. Auch die Argumente der als missionarische Hilfswissenschaft missbrauchten Orientalistik waren hinlänglich bekannt, was in gewisser Weise leider auch für die Regensburger Rede des gegenwärtigen ehrwürdigen Vater von Rom gilt.

Angesichts solcher altbackener Aussagen breitete sich zumindest unter intellektuellen Muslimen Langweile aus, die sie in Diskussionen manches Mal nur mühsam verbergen konnten. Man hatte sich das Phänomen der Beständigkeit der so genannten „häufig gestellten Fragen“ (frequend aksed questions) gewissermaßen gewöhnt. Neu hingegen ist der Ansatz der Sozialwissenschaften bei religiösen Fragen ebenso vorzugehen wie es Naturwissenschaftler bzw. Ingenieure bei ihren Forschungen tun: nämlich gemäß dem Grundsatz des methodischen Atheismus, d.h. nichts bei den anzustellenden Untersuchungen anzunehmen, was außerhalb menschlicher Erfahrung liegt. Die Welt ist bei einem solchen Vorgehen stets Welt und nicht, wie sie es für jeden Gläubigen ist, Schöpfung, Seine Schöpfung. Dies wird ist jedem Schüler Said Nursi spätestens in dem Augenblick bewußt, da er das „Oberste Zeichen“ liest.

Nun ist es nicht so einfach den methodischen Atheismus beiseite zu schieben, denn er ist längst Teil unseres Alltages. Ein versagender Automotor ist etwas für die Werkstatt und nicht für die Moschee. Das Gleiche gilt die stehen gebliebene Waschmaschine. Niemand sucht dem Djinn, sondern nach der Ursache.

Wenn man mit dieser Haltung an die historische Gestalt unsere ehrwürdigen Propheten herangeht, dann stellt man fest, dass aus den ersten zwei jahrhunderten der umma kaum etwas nachzuweisen ist, so dass sich die Forschung an jene Reste, Artefakte hält, die die verschiedenen Disziplinen der Archäologie, Sprachforschung und Orientwissenschaften gefunden haben. Dabei wird etwas für die Muslime Entscheidendes übersehen: die Oralität. Das erste Wort des ehrwürdigen Qur´anes lautet „Iqra“, lies, trage vor. Schon unter der Anleitung unseres ehrwürdigen Propheten lernten die Gläubigen das göttliche Wort auswendig und rezitierten, wenn sie mit anderen oder untereinander über Seine Worte sprachen. Millionen von Muslimen lernen daher noch immer Sein Wort vollständig auswendig, und sie werden von der Gemeinschaft dafür geehrt.

Auf die Frage eines protestantischen Christen, ob die Muslime so etwas Ähnliches wie die Konfirmation als Zeichen des Erwachsenwerdens hätten, antwortete der Muslime mit einem Ja. Es sei der Augenblick, da das Kind zum ersten Male den Qur´an ganz gelesen hätte.

Die Einstellung geht an der Frage moderner wissenschaftlicher Methodik schlicht vorbei. Sie beruft sich nicht das durch Artefakte Nachweisbare, sondern auf die Versicherung des Autoren des Qur´anes, Gottes, das Er Sein Wort auf wohlverwahrten Tafeln und in den herzen der Gläubigen bewahren wird. So ist letztlich der methodische Atheismus ein Teil oder eine Option Seiner Schöpfung, in der unser ehrwürdiger Prophet Muhammad Sein Wort vortrug. Gelobt sei Er, der Erhabene.

Wenn man dieses bedenkt, dann wird man, so schwer es auch fallen mag, offen für die historisch kritische Forschung und ihre Anfragen an die Traditionen der umma. So lässt sich die Frage ernst nehmen, was denn im Jahre 632 vorhanden gewesen ist, und erst im Laufe der Jahrhunderte im Bemühen um Sein Wort und den „Geraden Weg“ erarbeitet worden ist. Die Sharia ist der lebendige Ausdruck dafür; womit der nicht der Quatsch gemeint ist, der in der gegenwärtigen europäischen Politik herumgeistert.

Die praktizierte Oralität hat eine weitere, eine psychologische Konsequenz, die sich dem Außenstehenden nur schwer erschließt. Der ehrwürdige Prophet rezitierte Sein Wort und die Gläubigen hörten ihm zu. Seit jenen Tagen wiederholt jeder Rezitierende im Grunde genommen diese Urszene, wenn er den Qur´an auswendig oder laut lesend vorträgt. Dabei erfüllt sie wie ihn ein warmes Gefühl der Dankbarkeit für ihn, durch den das Wort in die Welt gesprochen wurde.

Nun haben die Kritiker der Umma sicherlich Recht, wenn sie darauf verweisen, dass sich die Muslime im Laufe der Gesichte der umma über alles Mögliche stritten und sich manches Mal trotz des Verbotes militärisch bekämpften, wofür dann auch noch der Begriff des Djihad herhalten mußte, aber in ihrer Liebe zum Propheten wollte sich keiner übertreffen lassen. Er war und ist ihnen das Vorbild schlechthin, über das nicht in seiner Vorbildhaftigkeit nicht gestritten wird. Sie ist keine Norm, vielmehr ein Wert.

Wolf D. Ahmed Aries
w.d.a.aries@freenet.de

 

Publiziert in der Ayasofya 35, 2011

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